Nur Gott kann mich richten

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Schon mit seinem Debüt "Chiko" hat Özgür Yildirim vor zehn Jahren einen ...
 
... bemerkenswerten Gangsterfilm abgeliefert. Dem folgten der Rap-Film "Blutsbrüdaz" und der Teenie-Thriller "Boy 7". Mit "Nur Gott kann mich richten" kehrt er nun zur Domäne des Gangsterfilms zurück und präsentiert eine knallharte Geschichte, bei der zwar alle Figuren hoffen, ihr Leben besser machen zu können, aber sich in einer Abwärtsspirale befinden, an deren Ende es nur Verlierer gibt. So düster war der deutsche Gangsterfilm wohl selten zuvor.
 
Hohes Risiko
 
Nach fünf Jahren kommt Ricky (Moritz Bleibtreu) aus dem Knast raus. Er hatte damals mit seinem Bruder Rafael und seinem Kumpel Latif ein Ding gedreht. Nun träumt er davon, eine Bar zu eröffnen, doch dafür fehlt ihm das nötige Startkapital. Latif weiß da Abhilfe. Er hat ein Ding am Laufen, das eine ganz einfache Sache sein soll. Ein simpler Job, der aber eine Menge Geld bringt. Als Latif ihn nicht wahrnehmen kann, muss Ricky seinen Bruder Rafael hinzuziehen - und alles, was schiefgehen kann, geht auch schief.
 
Nun schulden sie einem brandgefährlichen Gauner eine Menge Geld, während eine Polizistin, die für eine lebensrettende Operation ihrer Tochter eine große Summe benötigt, sich auf ein Geschäft einlässt, das ihr schnell über den Kopf wächst. Hier spielen alle mit hohem Risiko.
 
Im Milieu
 
Yildirim wollte das Milieu genau treffen. Er legte darum auch Wert darauf, dass seine Schauspieler sich darin einfinden können und dass sich das in der Darbietung der Texte widerspiegelt. Hier wird "Straße" gesprochen - und das musste auch glaubwürdig gemacht werden. Tatsächlich brillieren hier alle Schauspieler. Man hat das Gefühl, echten Menschen zuzusehen, und das, obwohl Yildirim durchaus populär besetzt hat. Mit Moritz Bleibtreu und Birgit Minichmayr hat er namhafte Stars, die in ihren Rollen ganz und gar aufgehen. Bleibtreu fungierte zudem auch als Produzent, da ihm das Projekt sehr am Herzen lag.
 
 
Der Stoff zeigt dabei durchaus Wirkung. Denn hier wird nicht von den ganz großen Gangstern erzählt, sondern eher von den Kleinganoven, die hier und da ein Ding drehen, aber eigentlich davon träumen, mit der erbeuteten Kohle ein eigenes Geschäft gründen zu können. Das ist die Motivation der männlichen Hauptfiguren, während die von Minichmayr gespielte Polizistin einen eher tragischen Antrieb hat. Ihre Figur ist es aber im Grunde, die diesen ins Verderben führenden Reigen überhaupt erst auslöst.
 
Dabei setzt Yildirim ein klein wenig zu sehr auf den Faktor Zufall, insbesondere auch, was das Finale betrifft, aber darüber kann man großzügig hinwegsehen, weil er bis dahin einen grimmigen Film erschaffen hat, der von gar nicht so großen Träumen und enttäuschten Hoffnungen erzählt. Klar, man ist selbst kein Kleinganove, aber man kann sich mit diesen Figuren identifizieren, weil man versteht, was sie wollen.
 
 
Konsequenzen
 
Verzweiflung ist eine Antriebsfeder aller Figuren, das Streben nach Glück eine andere, tragisch sind sie damit aber alle, weil sie sich in einem Leben befinden, aus dem es im Grunde kein Entkommen gibt. Darüber hinaus ist "Nur Gott kann mich richten" ein sehr gutes Lehrstück darüber, wie Taten zu Konsequenzen führen, denn in einem ewigen Kreislauf aus Abrippen, Stehlen, Morden werden die Einsätze und die Verluste immer höher.
 
Entsprechend konsequent verweigert sich der Film auch irgendeiner Form von Happyend. Stattdessen bleibt nur ein bitterer Nachgeschmack zurück - davon, dass man zusehen musste, wie Menschen vor die Hunde gehen. Das wirkt nach.
 
 
Fazit
 
"Nur Gott kann mich richten" ist ein authentisch anmutender, emotional packender und sehr grimmiger Gangsterfilm, der auch als Milieustudie funktioniert, aber niemals vergisst, genreangemessen zu erzählen. Das Ergebnis ist ein eindringlicher Film über verlorene Seelen, die von ein klein wenig Glück träumen - aber das findet man nicht an den Orten, an denen sich diese Menschen befinden.
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Peter Osteried
  • Regie: Özgür Yıldırım
  • Drehbuch: Özgür Yıldırım
  • Besetzung: Moritz Bleibtreu, Kida Khodr Ramadan