Highschool-Komödien sind als Filmgenre ungefähr so amerikanisch wie Western.
Es war wohl bloß eine Frage der Zeit, bis eine Highschool-Komödie aus Deutschland ins Kino kommen musste …
Fame or Fail
Üblicherweise beginne ich meine Rezensionen mit einer Zusammenfassung der Handlung. Im Fall von „Abikalypse“ fällt mir das schwer. Die Handlung ist nicht einfach dumm. Sie ist nicht einfach vorhersehbar. Was Jung-Drehbuchautor Tim Gondi hier zusammengeschrieben hat, hätte vielleicht für eine mittelmäßige Folge einer Vorabendserie gereicht. Wie jemand der Meinung gewesen sein kann, man könnte daraus einen anderthalbstündigen Spielfilm machen, ist ein Rätsel.
Kein einziger Teil dieser Geschichte ist auch nur halbwegs plausibel. Die vier jungen Hauptfiguren des Films sollen Außenseiter an ihrem Gymnasium sein. Sehen wir uns diese vier „Looser“ mal der Reihe nach an: Diplomatensohn Musti wirft mit seinem Geld um sich, fährt einen Luxus-SUV und veranstaltet extravagante Poolpartys. So jemand wäre an meiner Schule und an jeder anderen Schule der Welt nicht bloß kein Außenseiter gewesen. Er wäre der beliebteste Schüler überhaupt gewesen.
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Tom sieht aus wie der uneheliche Spross vom jungen Brad Pitt und dem jungen Mark Wahlberg (ich weiß selbst, dass das zwei Kerle sind und das damit biologisch unmöglich ist, aber so sieht er nun mal aus). Nebenbei ist er noch ein Einser-Schüler und ein netter Kerl und treuer Freund. Ja, genauso sehen die Außenseiter an jeder Schule aus. Seine platonische Freundin Hannah ist bildhübsch, blitzgescheit und auch noch eine Weltklasse-Zockerin bei online-Games. Klar, dass sie von der ganzen Schule als Looserin abgestempelt wird.
Der Vierte im Bunde ist Yannick. Der exotische, gutaussehende Bursche hat längst sein Begabten-Stipendium in der Tasche. Und in der Welt, wie Drehbuchautor Gondi sie sieht, ist so ein Verlierer mit dem beliebtesten Mädchen der Schule zusammen, bleibt aber trotzdem ein Verlierer und wird daher nicht auf Partys eingeladen. Weil die böse Direktorin keine Abifeier erlaubt (der Grund dafür wird nie erklärt) wollen die vier Freunde selbst eine Party auf die Beine stellen, um so endlich beliebt zu werden.
Kein Swag
Keine Ahnung, welche Schule der Drehbuchautor besucht hat. Nicht bloß seine Haupthandlung ergibt keinerlei Sinn. Die Nebenhandlung um die Liebesgeschichte von Hannah und Tom war schon dumm, als ich sie vor Fünfunddreißig Jahren zum ersten Mal als „Bravo-Foto-Lovestory“ gelesen habe. Kein Regisseur der Welt hätte aus dieser Vorlage einen halbwegs passablen Film machen können. Aber kaum jemand wäre an der Aufgabe so grandios gescheitert wie Adolfo J. Kolmerer. Keine einzige Szene des Films funktioniert richtig. Bei keinem der Gags stimmt das Timing. Ganze Sequenzen ergeben keinen rechten Sinn.
Dabei fällt dem aufmerksamen Beobachter auf, wie viele großartige Filme Gondi und Kolmerer in der Vergangenheit gesehen haben müssen. Ein Bild einer Traumsequenz wurde sogar aus „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ gestoh…, Verzeihung, … entlehnt. Leider hat Autor Gondi keines dieser Vorbilder verstanden. Und Kolmerer fehlt es sowohl am Blick, zu sehen was echte Filmemacher sehen, als auch am Geschick, etwas zu schaffen das nicht ungeschickt und träge wirkt.
Zur allgemeinen Trägheit des Films trägt auch die nervtötende Tendenz der Filmemacher bei, jede Wendung der Handlung immer und immer wieder erklären zu lassen. Die jungen Leute erklären einander gegenseitig was gerade passiert ist. Dann erklären sie einander was im Moment passiert. Und dann reden sie darüber, was passieren wird. An einer Stelle erklärt die Haushälterin dem Vater, was mit seinem Sohn los ist, nur damit der es seinem Sohn später nochmal erklären kann. So kommt einem die Laufzeit von 90 Minuten am Ende deutlich länger vor. Sehr viel länger …
Digga und Bitch!
Lea van Acken („Das Tagebuch der Anne Frank“) spielt tapfer gegen ihre furchtbar geschriebene Rolle an. Mit gerade mal Zwanzig Jahren ist sie auch die einzige auf der Besetzungsliste, die nicht viel zu alt aussieht um noch Schülerin zu sein.
Lucas Reiber sieht für seine Rolle deutlich zu gut und leider auch etwas zu alt aus. Über seine darstellerischen Fähigkeiten könnte man sich vielleicht ein Urteil bilden, wenn er mal in einem richtigen Film mitspielen würde.
Jerry Hoffmann („Hitman: Agent 47“) sieht für seine Rolle viel zu gut und deutlich zu alt aus. Vielleicht ist Herr Hoffmann ein kompetenter Darsteller. Hier kann man einfach nicht ignorieren, wie eklatant fehlbesetzt er in seiner Rolle wirkt.
Mit der Besetzung von Reza Brojerdi („Homeland“) als Abiturienten haben die Filmemacher den Vogel abgeschossen. Es wird angedeutet, seine Figur sei schon mehrmals am Abitur gescheitert. Aber Brojerdi ist Sechsunddreißig Jahre alt. Wie oft genau darf man in Deutschland zum Abitur antreten? Siebzehn Mal? Wenn Männer in ihren Dreißigern ständig jeden ihrer Mitschüler stets mit „Digga“ ansprechen, lässt sie das nicht jünger wirken. Es wirkt einfach nur lächerlich.
Zu behaupten, Oliver Korritkes Talent sei in diesem Film verschwendet worden, wäre eine lächerliche Untertreibung.
Fazit
Eine Highschool-Komödie aus Deutschland hätte durchaus funktionieren können. Natürlich hätte es dazu einen anderen Drehbuchautor gebraucht. Und einen anderen Regisseur. Und ganz andere Darsteller. Aber theoretisch hätte so ein Film funktionieren können. Dieser hier funktioniert leider nicht. Überhaupt nicht.
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