Die letzte Fahrt der Demeter - Kinostart: 17.08.2023

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An Bord des Handelsschiffes Demeter reist Dracula nach England und meuchelt ...
 
... die Mannschaft dahin.
 
Horrorfilm mit interessanter Prämisse, aber zu viel Leerlauf!
 
Eine Seefahrt, die ist blutig Ein Monster versteckt sich an Bord eines Schiffes, dezimiert dessen Besatzung und treibt die letzten Überlebenden schier in den Wahnsinn – aus dieser nicht sonderlich originellen Idee zimmerte Ridley Scott Ende der 1970er Jahre einen der wohl einflussreichsten Schocker der Filmgeschichte. „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ sorgte beim Publikum für schweißnasse Hände und inspirierte Generationen nachfolgender Autoren und Regisseure.
 
Stark beeindruckt scheint auch Drehbuchschreiber Bragi Schut jr. („Escape Room“) gewesen zu sein, der in „Die letzte Fahrt der Demeter“, überspitzt formuliert, Scotts Klassiker vom Weltraum aufs offene Meer verlagert. Statt eines Space-Frachters ist es nun ein Handelsschiff, das zum Mittelpunkt eines blutigen Katz-und-Maus-Spiels wird.
 
Unter einem guten Stern stand das Projekt, das auf einem Auszug des siebten Kapitels von Bram Stokers berühmtem Horrorroman „Dracula“ basiert, lange Zeit nicht. Rund zwei Jahrzehnte schmorte der Stoff in der Entwicklungshölle, kam nie richtig voran, obwohl diverse Filmemacher und Schauspieler zwischenzeitlich mit ihm verbunden waren. Erst mit der Verpflichtung des Gruselexperten André Øvredal („Scary Stories to Tell in the Dark“) wendete sich das Blatt. Zak Olkewicz („Bullet Train“) verfasste einen neuen Skriptentwurf, und Mitte 2021 konnten endlich die Dreharbeiten beginnen.
 
„Die letzte Fahrt der Demeter“ spielt im ausgehenden 19. Jahrhundert und entführt uns zunächst in eine Hafenstadt in Osteuropa. Schon hier wird deutlich, womit das Gruselstück auf jeden Fall punkten kann: Das Szenenbild überzeugt, lässt die vergangene Epoche wirklich lebendig werden. Keine Spur von Künstlichkeit, wie sie in manch anderem Historienfilm schmerzhaft zu Tage tritt.
 
Während neue Fracht an Bord der Demeter geschafft wird, sichert sich der Arzt Clemens (Corey Hawkins) auf Umwegen einen Platz auf dem Schiff. Schon kurz nach der Abfahrt gen England kommt es zu merkwürdigen Ereignissen, und bald sind die ersten toten Seemänner zu beklagen. Was niemand ahnt, die unfreiwillig mitreisende blinde Passagierin Anna (Aisling Franciosi) aber zu berichten weiß, lässt das Schlimmste befürchten: Ein Vampir namens Dracula ist mit einer der neuen Kisten auf den Schoner gelangt und hat es auf das Blut der Mannschaft abgesehen.
 
Solide Horrorshow
 
Die Schauwerte stimmen auch an Bord der Demeter. Produktionsdesigner Edward Thomas und seine Abteilung haben ganze Arbeit geleistet, sind sicher nicht dafür verantwortlich, dass der Film sein Monster-jagt-Crew-auf-engem-Raum-Szenario nur bedingt auszuschöpfen weiß. Javier Botet, der durch die Verkörperung unterschiedlichster Schreckgestalten längst zu einer Institution im modernen Horrorkino geworden ist, bemüht sich, Dracula Präsenz zu verleihen. Ab und an schlägt die Gewalt ins Deftige aus. Und sehr wohl gibt es den ein oder anderen mitreißenden Moment. Etwa, wenn Toby (Woody Norman), der Enkel des Kapitäns (Liam Cunningham), vor dem blutrünstigen Vampir fliehen muss.
 
 
Insgesamt zieht Øvredal seinen Horrorstiefel aber etwas zu routiniert runter. Große Patzer oder schrecklich unfreiwillig komische Situationen bleiben aus. Viele Schockeffekte sind, gerade für Genrekenner, jedoch zu uninspiriert, um nachhaltig zu erschüttern. Wenig Aufwand steckt zudem in der Charakterzeichnung. Im Fall von Clemens erlaubt sich das Drehbuch einen – eher alibimäßigen – Anflug von Tiefe, wenn seine Erfahrungen als Schwarzer zur Sprache kommen. Alles in allem besteht das Figurenensemble aus unterschiedlichen Typen, die oft nicht mehr als eine Eigenschaft erhalten.
 
Wie man die Spannung konstant hochhält und eine durchgehend nervenaufreibende Drucksituation erzeugt, hätten sich die Macher ferner bei ihrer Inspirationsquelle „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ abschauen können. „Die letzte Fahrt der Demeter“ ist nicht nur in puncto Logik arg wackelig. Mehrfach geht dem Horrorstreifen sogar für eine Weile die Puste aus, und wiederholt verpasst er es, die regelmäßig in Großaufnahmen eingefangenen Überlebenden so sehr zu triezen, dass Verzweiflung und Wahnsinn unkontrolliert um sich greifen.
 
Gerade das hätte es bei der vorliegenden Prämisse aber gebraucht. Eine weitere Frage, die sich trotz eines auf eine Fortsetzung schielenden Endes stellt: Warum bleibt der Antagonist, immerhin eine Popkulturikone, ein seltsam austauschbarer Bösewicht? Würde anstelle von Dracula ein x-beliebiges Ungeheuer auf dem Schiff herumstreunen, käme beinahe derselbe Film dabei heraus.
 
 
Fazit
 
Schick ausgestattetes und ordentlich inszeniertes Schauer-Slasher auf See, das erzählerisch allerdings nur eine echte Überraschung zu bieten hat und Dracula zu einem recht austauschbaren Gegenspieler degradiert.
 
 
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Weitere Informationen

  • Autor:in: Christopher Diekhaus
  • Regie: André Øvredal
  • Drehbuch: Bragi F. Schut
  • Besetzung: David Dastmalchian, Aisling Franciosi