Grimmig und gnadenlos: Auch das Sequel zum mitreißenden Drogenthriller ...
... „Sicario“ wirft ein düsteres Bild des amerikanisch-mexikanischen Grenzgebietes an die Wand, ist im direkten Vergleich aber der schwächere Film.
Ohne jede Regel
Dass ein wenig origineller Plot keineswegs ein Hindernis für fesselnde Kinounterhaltung sein muss, bewies der Frankokanadier Denis Villeneuve („Blade Runner 2049“) 2015 mit dem harten, pessimistischen Krimidrama „Sicario“. Eine fiebrig-intensive Inszenierung, bedrohlich-treibende Klänge von der Tonspur und atemberaubende Bilder machten den prominent besetzten Spannungsstreifen zu einem echten Erlebnis.
Eine Weiterführung drängte sich am Ende eigentlich nicht auf, da die Handlungsfäden abgeschlossen schienen. Die positive Resonanz und das ordentlichen Abschneiden an den Kinokassen sorgten allerdings alsbald für die Ankündigung einer Fortsetzung, bei der Stefano Sollima das Regiezepter übernahm. Eine Wahl, die durchaus einleuchtet, wenn man bedenkt, dass der Italiener auf der großen Leinwand zuletzt mit dem finsteren Rom-Porträt „Suburra – 7 Tage bis zur Apokalypse“ vertreten war, das die Verbindungen von Politik und Unterwelt schonungslos seziert.
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Nicht mehr auf der Bildfläche erscheint in „Sicario 2“ die junge FBI-Beamtin Kate Macer (Emily Blunt), die im Vorgänger inmitten einer skrupellosen Machomeute als einzige moralische Instanz fungierte, dem brutalen Treiben um sie herum aber letztlich hilflos gegenüberstand. An der Grenze zwischen den USA und Mexiko betreiben die mächtigen Kartelle inzwischen einen florierenden Menschenhandel und transportieren, wie der Auftakt zeigt, auch potenzielle Terroristen in die Vereinigten Staaten. Als es in Kansas City zu einem verheerenden Selbstmordattentat kommt, das offenbar von eingeschleusten Islamisten begangen wurde, will die amerikanische Regierung mit aller Härte gegen die kriminellen Syndikate aus dem Nachbarland vorgehen. Verpflichten lässt sich dafür der aus dem ersten Teil bekannte CIA-Agent Matt Graver (Josh Brolin), der sich nur zu gerne die Finger schmutzig macht. Mit Hilfe des unbarmherzigen Söldners Alejandro Gillick (Benicio Del Toro) will er die Tochter (Isabela Moner) eines Gangsterbosses entführen, um einen Krieg zwischen den verfeindeten Kartellen anzuzetteln.
Spannend, aber inhaltlich ausbaufähig
Dass Sollima schweißtreibende Spannungsszenen orchestrieren und den Zuschauer tief in das Geschehen hineinziehen kann, wird an verschiedenen Stellen deutlich. Besonders hervorzuheben ist ein Gefangentransport durch die Einöde, der an die unerträglich packende Ciudad-Juárez-Sequenz aus Villeneuves Regiearbeit erinnert und bei dem man jeden Augenblick mit einer unvorhergesehenen Entwicklung rechnen muss. Geschick demonstriert der italienische Regisseur auch mit Blick auf die Gestaltung der Actioneinlagen, die rau und temporeich arrangiert sind. Komponistin Hildur Guðnadóttir bemüht sich um eine ähnlich pulsierende Musikuntermalung, wie sie ihr kürzlich verstorbener Kollege Jóhann Jóhannsson für „Sicario“ erschuf, erreicht allerdings nicht ganz deren beunruhigende Intensität. Optisch greift das Sequel mit seinen Drohnen-, Überwachungs- und einigen Nachtsichtaufnahmen (verantwortlich für die Bildgestaltung: Dariusz Wolski) des Öfteren die Ästhetik des Ursprungsfilms auf, bleibt insgesamt aber hinter der Ausdruckskraft der spektakulären Impressionen zurück, die Oscar-Preisträger Roger Deakins für Villeneuve in den Kasten brachte.
Auch wenn „Sicario 2“ als grimmig-nihilistischer Actionthriller eine ordentliche Figur abgibt, vermisst man manchmal die Sogwirkung des Vorgängers, was vor allem dem unausgereiften Drehbuch geschuldet ist. Taylor Sheridan („Wind River“) erlaubt sich dieses Mal offensichtlichere Schwächen bei der Zeichnung seiner Figuren und beim Aufbau seiner erneut nicht sonderlich innovativen Handlung. Die entführte Gangstertochter wird zum Beispiel als rebellisches Mädchen eingeführt, verharrt nach dem Kidnapping jedoch zumeist in einer eher passiven Opferrolle.
Alejandros Rachemotivation erscheint im Wissen um den ersten Teil schlichtweg aufgewärmt. Und noch dazu durchläuft der wenig zimperliche Killer, ebenso wie CIA-Aufräumer Matt, in der zweiten Hälfte einen Sinneswandel, den das Skript allzu oberflächlich beschreibt. Ärgerlich wird es spätestens auf den letzten Metern, wo Sheridan die Glaubwürdigkeit im Wüstensand vergräbt, um das „Sicario“-Rad weiterdrehen zu können. Ernüchternd ist zweifelsohne auch die Tatsache, dass die Fortsetzung brandaktuelle Themen – Migration und Terrorismus – anschneidet, mit diesen aber letztlich nicht viel anzufangen weiß.
Fazit
Stefano Sollima gelingt ein düsterer, phasenweise nervenaufreibender Grenzthriller, der sich auf Drehbuchebene allerdings einige unübersehbare Mängel leistet.
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