Starke Performances in einem manchmal etwas holprigen Film bietet ...
... Darren Aronofskys Bühnenadaption, für die der eine Zeitlang abgeschriebene Brendan Fraser mit Preisen überhäuft wurde.
Völlig zurückgezogen
Mit Erscheinen des Fantasy-Abenteuers „Die Mumie“ im Sommer 1999 war Brendan Fraser auf dem besten Weg, zu einem sympathischen Blockbuster-Träger aufzusteigen. Keine zehn Jahre später begann sein Stern jedoch, dramatisch zu sinken. Private Probleme, unter anderem eine kostspielige Scheidung und der Tod seiner Mutter, setzten dem Schauspieler zu, dessen Rollenauswahl immer spärlicher wurde.
Auch mehrere medizinische Eingriffe, die aufgrund von Verletzungen bei Filmstunts erforderlich waren, bremsten seine Karriere aus. Komplett von der Bildfläche verschwand Fraser nie. Erst mit dem 2022 in Venedig uraufgeführten Drama „The Whale“ nach Samuel D. Hunters gleichnamigem Theaterstück betrat er allerdings wieder die ganz große Bühne. Ein Comeback, wie es Hollywood liebt, muss man rückblickend sagen. Folgte nach der Weltpremiere doch ein Preisregen mit dem Oscar-Triumph als Sahnehäubchen.
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Zu sehen ist Fraser in der von Darren Aronofsky („Mother!“) inszenierten Adaption als ein stark adipöser Mann namens Charlie, der sich nach dem Tod seines Partners von der Welt verabschiedet hat. Zurückgezogen lebt er in seinem stets abgedunkelten, unordentlichen Haus und lässt einzig die ihm freundschaftlich verbundene Krankenpflegerin Liz (Hong Chau) an sich heran.
Mit dem Pizzaboten (Sathya Sridharan) kommuniziert er durch die verschlossene Tür. Und auch den Studenten zeigt sich der kreatives Schreiben lehrende Dozent in seinen Onlineseminaren nicht. Zu groß ist die leider sehr berechtigte Angst, wegen seines Erscheinungsbildes angestarrt und verlacht zu werden. Da seine Werte alarmierend schlecht sind, fleht ihn Liz eindringlich an, sich im Krankenhaus behandeln zu lassen. Doch Charlie weigert sich vehement, arrangiert sich vielmehr mit der Gewissheit, schon bald sterben zu müssen. Den Tod vor Augen hat er aber einen letzten großen Wunsch: Mit seiner Tochter Ellie (Sadie Sink) möchte er sich unbedingt noch versöhnen.
Erzählerisch nicht immer überzeugend
Bei Aronofsky, der sich oft in der Rolle des Provokateurs gefällt, durfte man angesichts der sensiblen Thematik durchaus Befürchtungen hegen. Würde er die Geschichte für gezielte Grenzüberschreitungen ausnutzen? Der Einstieg deutet genau in diese Richtung. Das erste Mal sehen wir Charlie nämlich, wie er sich beim Pornogucken befriedigt und durch den Stress einen heftigen Anfall erleidet.
Der Startschuss für eine Freakshow? Glücklicherweise nicht! Voyeuristische Tendenzen sind zwar nicht bestreitbar. So fängt die Kamera immer wieder den Schweiß auf Charlies Stirn ein, rückt seine durch die Körperfülle bedingten Einschränkungen im Alltag prominent in den Blick. Parallel können wir allerdings auch hinter die Fassade schauen, sehen nicht nur den großen, schwer beweglichen Mann auf seinem Sofa, sondern einen vielschichtigen Menschen mit Träumen, Sehnsüchten und tiefsitzenden Ängsten.
Eine ergreifende Persönlichkeit erhält der Protagonist vor allem dank Brendan Fraser, der das Kunststück vollbringt, hinter aufwendigem Make-up selbst kleinste Regungen erkennbar zu machen. Allein seine Augen erzählen in vielen Momenten genug, um Charlies Innenleben nahezukommen, ihn besser zu fassen zu kriegen. Stark sind auch die Leistungen seiner beiden weiblichen Ko-Stars. Hong Chau verbindet als einzige echte Freundin ein energisches Auftreten mit einer Sorge, die sich jederzeit echt anfühlt. Und Sadie Sink spielt die kantige Teenagerin Ellie, die es noch immer schmerzt, dass ihr Vater sie und ihre Mutter einst für seinen inzwischen verstorbenen Lebensgefährten verlassen hat, mit einer ordentlichen Portion Wut im Bauch.
Während die Darsteller fast durchweg mitreißen, begibt sich das von Bühnenautor Samuel D. Hunter verfasste Drehbuch, das von menschlicher Niedertracht, der Suche nach Vergebung, nach Nähe und unserem Drang, helfen zu wollen, erzählt, auf einige Irrwege, reißt manche Dinge an, ohne sich vernünftig auszuarbeiten. Nicht ganz durchdacht wirkt beispielsweise der Strang rund um den jungen Missionar Thomas (Ty Simpkins), der Charlie auf den Weg der Erlösung führen möchte.
Hinzu kommen eine manchmal zu präsente Musikuntermalung und ein Finale, das sich, keineswegs unüblich für Aronofsky, großen, pathetischen Gesten verschreibt. Ist die Inszenierung des fast ausschließlich auf das Haus des Protagonisten begrenzten, im engen 4:3-Format gedrehten Kammerspiels bis dahin noch recht zurückhaltend, schaltet der Regisseur plötzlich drei Gänge hoch – und raubt seinem Film dadurch ein Stück seiner Ausdruckskraft.
Fazit
Brendan Fraser, Hong Chau und Sadie Sink liefern tolle Leistungen ab. Ihre nuancierten Darbietungen reichen allerdings nicht aus, um „The Whale“ in einen rundum gelungenen Film zu verwandeln. Ein paar Baustellen bleiben dann doch in Erinnerung.
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