In der nahen Zukunft des französischen Films „Animalia“ ist eine Veränderung im Gange.
Menschen mutieren zu Tierwesen. Im Grunde könnte man den Film damit als so etwas wie ein Prequel zur Netflix-Serie „Sweet Tooth“ ansehen – nur dass der Film um Weiten besser ist.
Leben ist Veränderung
Eine seltsame Krankheit hat dazu geführt, dass Menschen sich nach und nach in tierähnliche Wesen verwandeln. Die Gesellschaft arrangiert sich damit, indem man diese Tiermenschen entfernt. Sie werden mitunter auch mit Gewalt in ein spezielles Zentrum gebracht. Nicht, dass man ihnen dort helfen könnte. Aber zumindest sind sie dann aus dem Auge aus dem Sinn.
Die Frau von Francois und Mutter von Èmile hat sich auch verwandelt. Beide ziehen in die Nähe des Zentrums, aus dem sie zusammen mit anderen ausbricht. Francois und sein Sohn suchen im Wald nach der Mutter, finden sie aber nicht. Derweil bemerkt Èmile, dass er sich auch zu verändern beginnt. Zuerst versucht er, das zu verbergen, dann nimmt das Animalische immer mehr Überhand …
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Die Angst vor dem Fremden
In erster Linie geht es um die Angst des Menschen vor allem, das fremd oder anders ist. Entsprechend reagieren die Menschen auf die „Bestien“, wie sie sie nennen. Mit Angst, Hass, dem Willen zum Zerstören und zum Töten. „Animalia“ ist kein Film, der den Menschen feiert, er zeigt ihn von seiner hässlichsten Seite. Das Animalische, das ist nicht in den Tiermenschen, das herrscht in den „normalen“ Menschen vor, die letztlich tierischer als jedes Tier sind.
Nur der von Romain Duris gespielte Francois ist anders. Er liebt seine Frau, auch wenn sie längst kein Mensch mehr ist und eine gemeinsame Basis fehlt. Aber damit ist er auch eine Ausnahme in dieser neuen Welt, in der sich alles ändert. Eine Erklärung für die Krankheit gibt es nicht. Vielleicht ist sie der nächste Schritt der Evolution, vielleicht ist es auch die Reaktion der Welt auf eine Menschheit, die parasitär alles vernichtet. Denn die Tiermenschen leben im Einklang mit der Natur, sie kehren zurück zu einem Zustand, den der Mensch vor langer, langer Zeit verloren hat.
Der Film ist dabei sehr metaphorisch. Er lädt zur Kontemplation ein – über das Menschsein, über die Natur, über das Leben selbst.
Tolle Bilder
„Animalia“ ist exzellent gestaltet. Die Szenen in den Wäldern sind außergewöhnlich schön. Regisseur Thomas Cailley erschafft hier eine mythische Atmosphäre. Man sieht Leben in diesen Wäldern, einen Vogelmann hier, ein Chamäleon-Mädchen dort. Die Bilder sind von magischer Schönheit. Sie zeugen von einem Verlangen, zurück zur Natur zu gehen.
Nicht minder gelungen sind die Effekte. Die neuen Kreaturen sehen in jeder Einstellung hervorragend aus. Der Vogelmann ist besonders beeindruckend, insbesondere auch, wenn er angreift oder wenn er versucht, das Fliegen zu erlernen. Aber generell erlaubt sich der Film bei der Effektarbeit keine Blöße. Jedes Wesen sieht außergewöhnlich aus, und so, dass man wirklich glauben könnte, dass derlei Wesen in den Wäldern herumstreifen.
„Animalia“ ist auch exzellent gespielt, vor allem von Paul Kircher, der den jungen Èmile spielt. Erst hat er Probleme mit seinem Vater, dann macht er eine Veränderung durch. Kircher spielt diese sehr subtil, am Ende ist er so gut darin, dass man das Wölfische, das in ihm durchkommt, schon bemerkt, ohne dass dafür Make-up im Gesicht nötig wäre.
Das Ende lässt Fragen offen. Das wollte Cailley so. Bei der Uraufführung in Cannes hatte der Film noch einen zweiminütigen Epilog, der einiges klärte. Aber er fand, dass der Film ohne diese Erklärung stärker endet.
Fazit
Außergewöhnlich schönes Kino, das etwas über das Menschsein auszusagen hat, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Der Film ist spannend, schön, mythisch, exzellent gespielt – und er wartet mit Bildern auf, die man lange nicht vergisst.
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