Die Vorlagen für Filme können vielfältig sein, selten sind es aber Hörspiele, ...
... weil beide Medien in gewisser Weise sehr unterschiedlich ist. Praktisch nur über Dialoge erzählt, würde ein Film fast zwangsläufig ein Kammerspiel werden müssen. Da ist es von Vorteil, wenn schon das Hörspiel eins ist – so wie EINGESCHLOSSENE GESELLSCHAFT. Hier hat Jan Weiler sein eigenes Hörspiel zum Drehbuch gemacht und geht mit der längeren Laufzeit sogar noch mehr in die Tiefe. Sönke Wortmann hat das Ganze dann sehr geschmeidig umgesetzt.
Der lange Freitagnachmittag
Es ist Freitag, die Schule ist vorbei, im Lehrerzimmer eines Gymnasiums befinden sich noch ein paar Lehrer. Sportlehrer Peter Mertens (Florian David Fitz) will gehen, da klopft es an der Tür. Davor steht Herr Prohaska (Thorsten Merten), der mit Schulleiter Engelhardt (Justus von Dohnanyi) sprechen will. Denn der hat seinen Sohn beim Abitur durchfallen lassen – und das nur wegen eines lächerlichen Punkts. Um den wird nun diskutiert, ob man will oder nicht. Denn Prohaska hat eine Waffe und zwingt die Lehrer nun zur vorgezogenen Konferenz. Sie sollen in Hinblick auf das Weiterkommen seines Sohnes diskutieren und zu einem genehmen Ergebnis kommen.
Pedant Engelhardt weigert sich jedoch, die Benotung zu ändern. Es kommt zu einem Gespräch, an dem allerhand Geheimnisse über die Lehrer ans Licht kommen. Manche predigen Wasser, saufen aber doch lieber Wein …
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Alles andere als plump
Bei „Eingeschlossene Gesellschaft“ bekommt jeder sein Fett weg, vor allem aber die Lehrer und die Polizei. Erstere sehen sich fast schon gottgleich über das Schicksal von Kindern entscheiden, letztere sind extrem unfähig. Aber der Film prügelt nicht plump auf das Beamtentum ein, er versteht es viel mehr, anhand des Ensembles einen Mikrokosmos der Gesellschaft abzubilden. Missstände werden hier angesprochen. Die fehlende Digitalisierung der Schulen etwa, die den Schulbetrieb im letzten Jahrhundert zurückbleiben lässt. Oder aber der Umstand, dass Lehrer quasi ohne Kontrollorgan schalten und walten können, wie es ihnen beliebt.
Je länger die Lehrer diskutieren, desto mehr zeigt sich der desolate Zustand des Lehrkörpers. Die einen sind Pedanten, die keinen Millimeter von ihrer Meinung abweichen, die anderen vom Leben verhärmt. Wieder andere waren einst idealistisch, sind nun jedoch nur noch zynisch und sitzen die Zeit bis zur Pensionierung ab. Das Kollegium dieses Gymnasiums gibt wahrlich kein gutes Bild ab.
Pointierte Dialoge
Man fühlt sich bei diesem Film nicht nur wegen der teils baugleichen Besetzung an „Der Vorname“ erinnert. In beiden Fällen geht es um Diskussionen und die dadurch ans Licht kommenden Geheimnisse, die die Protagonisten am liebsten für alle Zeiten verschweigen würden. Ein solcher Film steht und fällt mit einem: den pointierten Dialogen. Die sind hier einfach köstlich, der Schlagabtausch unter den Lehrern ist eine Wohltat, wenn man auf gewitzte, satirische Dialoge steht.
Die Schauspieler sind dabei durch die Bank hervorragend. Jeder und jede ist perfekt besetzt. Der Film ist schlicht und ergreifend immens witzig, wobei der realistische Unterbau ihm auch reichlich Gravitas verleiht. Denn hier wird vieles angesprochen, über das es sich zu diskutieren lohnt.
Fazit
„Eingeschlossene Gesellschaft“ ist ein witziges, pointiertes, satirisches, höchst vergnügliches Kammerspiel, das über die volle Distanz den Zuschauer bei der Stange hält. Der Film verliert niemals an Fahrt, sondern hält das erzählerische Tempo locker durch. Das Ergebnis ist ein vergnüglicher Kinoabend, der zeigt, dass auch hierzulande tolle Geschichten entstehen können.
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