Neuverfilmungen bekannter Vorlagen haben es nicht leicht. Sie müssen ...
... immer etwas mehr bieten als die Vorgänger. Bei einer wiederholten Neuverfilmung sollte man sich besonders viel einfallen lassen.
Nothing is going to change
Erde 828 erinnert an unsere eigene Erde in den frühen Sechzigerjahren des Zwanzigsten Jahrhunderts. Dort sind seit einiger Zeit die Fantastic Four die Weltretter vom Dienst. Irgendwann taucht der Silver Surfer auf, um die Welt über ihre baldige Zerstörung durch den bösen Galactus zu informieren (obwohl das etwas ist, womit man die Bewohner eines Planeten doch besser überraschen sollte). Es kommt zu einem ersten Kampf. Dann stellen die Vier dem Bösewicht eine Falle, die selbst Wile E. Coyote peinlich gewesen wäre und nach knapp zwei Stunden sehen wir wieder eine Mid-Credit-Scene, die nur ausgewiesene Fans begeistern kann und eine Post-Credit-Scene, die noch ein bisschen witzloser ist.
Bei Verfilmungen von Vorlagen, die bereits mehrfach verfilmt wurden, ermahne ich mich selbst immer, nicht zu hart zu urteilen, bloß weil ich das alles schon so oft gesehen habe. Erst neulich durfte ich über den wasweißichwievielten Darsteller in der keineAhnungwievielten „Superman“-Verfilmung berichten und hoffe, trotzdem fair geblieben zu sein. Aber vielleicht bereitet die Tatsache, dass wir das alles schon so oft gesehen haben, nicht nur mir Probleme.
Das Drehbuch zu „Fantastic Four: First Steps“ haben nicht weniger als vier Autoren verfasst. Zwei von ihnen haben Erfahrung mit Drehbüchern nach bekannten Vorlagen. Josh Friedman („Terminator: Dark Fate“, „Kingdom of the Planet of the Apes”), Eric Pearson (“Godzilla vs. Kong”, “Transformers One”) und die zwei noch recht unbekannten Talente Jeff Kaplan und Ian Springer hatten eine recht nette Idee für die Ausgangssituation, indem sie ihre Geschichte in einer leicht futurisierten Version der Sechzigerjahre spielen lassen. Aber mal davon abgesehen, dass diese Idee nicht besonders neu ist und vor mehr als zwanzig Jahren in Pixars „Die Unglaublichen“ viel witziger, cooler und ganz allgemein origineller umgesetzt wurde, muss man feststellen, dass der Einfallsreichtum der vier Autoren damit wohl bereits erschöpft war.
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https://www.cinepreview.de/index.php/item/1173-the-fantastic-four-first-steps-kinostart-24-07-2025#sigProId8be8f95709
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Fast alles am Drehbuch von „Fantastic Four: First Steps“ ist entweder generisch oder einfallslos oder beides. Natürlich will niemand noch eine weitere elendslange Origin-Story im Kino sehen (vor allem nicht nach Josh Tranks Origin-Story von 2015). Aber in der aktuellen Version lernen wir keine der Figuren jemals kennen. Es wirkt, als hätten sich die Autoren darauf geeinigt, dass ohnehin jeder die Fantastic Four kennt und man daher gar keine Zeit mit den Figuren verschwenden sollte. Dummerweise kann das Publikum so aber keinerlei Beziehung zu den Protagonisten aufbauen, was wiederum dazu führt, dass uns die halbgaren Konflikte innerhalb der Geschichte komplett kalt lassen.
An einer Stelle will Reed Richards/Mister Fantastic sich wohl für einen Fehler entschuldigen und die Verantwortung für Ben Grimms Verwandlung zu „The Thing“ übernehmen. Aber diese Szene ist schnell vorbei und das Thema wird niemals wieder aufgegriffen. An einer anderen Stelle wirft Sue Storm/The Invisible Woman ihrem Ehemann Mister Fantastic vor, so zu sein wie er ist. Ob diese Szene in den Film geschrieben wurde, weil die vier männlichen Drehbuchautoren meinen, das sei das, was Ehefrauen eben so machen oder weil man sich daran erinnert hat, dass Darstellerin Vanessa Kirby eine Menge Gage kassiert und dafür ruhig auch mal ihr dramatisches Talent erkennen lassen sollte, ist schwer zu sagen. Für die weitere Handlung ist der Streit ohnehin nicht von Belang und bleibt folgenlos.
„The Thing“ scheint an einer Stelle mit seinem Äußeren zu hadern. Und drei schnelle Szenen sollen wohl sowas wie eine sich anbahnende Romanze vermitteln, aber sicher kann man da nicht sein. Johnny Storm/Human Torch ist Sues Storms jüngerer Bruder und damit der Schwager von Mr. Fantastic. Diese Informationen und einige Scherzchen über „The Thing“ bilden die Summe seines Charakters in diesem Film.
Mister Fantastic soll übrigens auch in dieser Version superschlau sein. Zumindest wird uns das erzählt. Zu sehen bekommen wir davon wenig. Einen globalen Konflikt im Film verursacht er, indem er die dümmste Pressekonferenz seit „Scary Movie“ abliefert. Seine drei verschiedenen fantastischen Pläne zur Rettung der Welt, sind a) ein komplett improvisierter und unvorbereiteter Überraschungsbesuch beim bösen Galactus, b) ein Verschwindetrick, der so lächerlich dämlich ist, dass ich ihn hier nicht wiedergeben möchte und c) eine Falle, die nur funktioniert hätte, wenn Galactus‘ IQ weit unterhalb der Raumtemperatur liegen würde. Überraschenderweise scheitern diese Pläne der Reihe nach alle.
Weil wir gerade beim bösen Galactus sind: Superheldenfilme sind immer nur so gut, wie ihre Bösewichte. Deshalb war „The Dark Knight“ großartig und „The Dark Knight Rises“ nur so mittel. Und deshalb ist „Thor: Tag der Entscheidung“ noch immer der beste Film rund um den alten Hammerwerfer. Wie bereits über die Hauptfiguren erfahren wir auch über Galactus nur das Allernötigste. Er ist älter als das Universum, er ist hungrig und er ist mies drauf. Das war’s. Ob er hungrig ist, weil er so alt ist oder ober er mies drauf ist, weil er so hungrig ist, bleibt unserer eigenen Interpretation überlassen. Die Drehbuchautoren haben darauf wohl keinen Gedanken verschwendet und so sehen wir hier generischsten Superschurken seit dem Typen mit den Hörnern und der Axt in „Justice League“.
Who wants to see a big explosion?
Filmtechnisch ist das alles durchaus kompetent umgesetzt. Aber gerade wegen des hohen Produktionsniveaus fällt auf, wie lächerlich es ist, wie beliebig Galactus und sein Apparat wirken. Und gerade weil alles so realistisch aussieht, erkennt man wie wenig Sinn z.B. das Raumschiff der Vierergruppe und seine Abschussrampe ergeben. Vielleicht weil Regisseur Matt Shakman bisher vor allem für das Fernsehen gearbeitet hat, wirkt der Film recht episodenhaft. Nur selten passiert Sehenswertes auf der Leinwand, dazwischen plätschert die Handlung dahin. So wirkt der Film am Ende länger, als er mit gerade mal 114 Minuten tatsächlich ist.
Wo die Drehbuchautoren keine Leistung zeigen wollten, werden die Darsteller*innen keine Leistung zeigen können. Pedro Pascal hat seit seinem Durchbuch in der Serie „Narcos“ in so unterschiedlichen Filmen wie „Kingsman: The Golden Circle“ oder „Gladiator II“ immer wieder „Massive Talent“ bewiesen. Hier sehen wir davon nix. Seine Charakter ist der Anführer der Helden, weil er graue Schläfen hat. Das war’s.
Der arme Joseph Quinn hat sich in „Gladiator II“ der Aufgabe, ein Klischee darzustellen, mit ungebremstem Over-Acting gestellt. Die Rolle des Johnny Storm/Human Torch in diesem Film ist leider so under-written, dass es nicht einmal zum Klischee reicht. Ebon Moss-Bachrach nutzt unter der Maske des „Thing“ die drei Szenen, die man seiner Figur an Charakterisierung zugestanden hat und liefert noch die sympathischste Darstellung des Films.
Vanessa Kirby („The Son“, „Eden“) darf in ihrer Rolle als Heldin Susan Storm vor allem ihre fantastischen Wimpern und ihren anbetungswürdigen Hals in die Kamera halten. Ansonsten fuchtelt sie ein bisschen rum, wenn ihre Figur irgendwelche Kraftfelder mit den Händen erzeugt. Zwischendrin kann diese Frau einem aufgebrachten Mobb mit banalen Dialogzeilen ein Menschenopfer ausreden, was mehr ist als eine der anderen Figuren geschafft hat. Aber die verfügen eben auch alle nicht über Vanessa Kirbys Wimpern und ihren Hals.
Zu Julia Garners Darstellung in „Wolf Man“ wollte mir schon nichts einfallen, weil ihre Leistung damals praktisch keinen Eindruck hinterlassen hat. Als „Silver Surfer“ wirkt sie hier vor allem, … naja, … keine Ahnung, … silbern? Weitere Nebendarsteller*innen wie Paul Walter Hauser, Natasha Lyonne und Sarah Niles tragen dazu bei, dass sich auf der Leinwand etwas bewegt.
Fazit
Die vier Drehbuchautoren haben sich für “Fantastic Four: First Steps” praktisch nichts einfallen lassen. Schon gar nichts Fantastisches. Generische Handlung, generische Figuren, generische Konflikte, … Da können die kompetente Besetzung und die Regie dann auch nichts mehr herausreißen. Wenn das der Auftakt zu Phase 5 des MCU sein soll, dann muss man sich bei Marvel demnächst wieder deutlich mehr anstrengen.
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