Mit fast einem Vierteljahrhundert Abstand kommt die Fortsetzung zu „Gladiator“ in die Kinos.
Das ist ein langer Zeitraum, in dem sich viel getan hat …
Where we are, there is no death, …
16 Jahre nach Teil Eins lebt Lucius Verus, der Sohn von Lucilla und Maximus unter falschem Namen in Numibien. Dort befinden sich Römische Truppen auf einem Eroberungsfeldzug, der ebenso wenig historisch ist wie die „Eroberung Germaniens“ im ersten Teil. Es kommt zur Schlacht, Lucius Frau kommt ums Leben, er wird versklavt und darf - Na wer hätte es erraten? – noch schneller als sein Vater im Römischen Kolosseum als Gladiator kämpfen. Ach ja, es geht auch wieder um irgendwelche innenpolitischen Machtspiele und im Grunde ist fast alles wieder so wie damals …
„Gladiator“ war vor 24 Jahren ein handwerklich gut gemachter, aber heillos überschätzter und, man kann es nicht anders sagen, sehr dummer Film. Leider war er damals auch ein sehr erfolgreicher Film. Eine halbe Milliarde Dollar war in der Zeit vor „Der Herr der Ringe“, „Avatar“ und „Avengers“ kein Pappenstiel. Daran haben sich vermutlich auch die Entscheidungsträger bei Dreamworks und Universal erinnert und vermutlich auch an die fünf Oscars, die Teil Eins abgeräumt hat.
Also hat man das getan, was man in Hollywood in letzter Zeit immer wieder gerne macht: Man hat einem alten Mann jede Menge Geld zur Verfügung gestellt, damit er daraus noch viel mehr Geld macht. Der alte Mann war in diesem Fall Ridley Scott. Und dessen Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen, hat er doch vor einigen Jahren mit „Prometheus“ bewiesen, dass er „Alien“ auch dumm drehen kann und mit „Alien: Covenant“, dass man alles zerreden kann, sogar einen „Alien“-Film. Mit „Napoleon“ hat er zuletzt gezeigt, dass er mit viel Geld und Aufwand etwas absolut Mittelmäßiges schaffen kann.
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Ich beschreibe mal kurz drei der Schlüsselsequenzen von „Gladiator II“. Die Schlacht am Beginn des Films, während der Schiffe eine befestigte Stadt angreifen, ergibt keinerlei Sinn. Historisch ganz sicher nicht. Aber auch nicht strategisch oder logistisch. Sie ergibt auch weder geologisch noch geografisch Sinn. Nautisch ergibt das Ganze erst recht keinen Sinn. Und inhaltlich auch nicht richtig. Aber irgendwie muss der arme Lucius ja zum Gladiator werden. Also warum nicht auf die dümmste und umständlichste Art, die sich Drehbuchautor David Scarpa nur ausdenken konnte. Scarpa hatte es bereits letztes Jahr bei „Napoleon“ geschafft, historische Schlachten und Kämpfe zu kreieren, die so niemals stattgefunden haben können.
Nach einer kurzen Traumsequenz, die aussieht, als hätte Ingmar Bergmann eine Parfümwerbung gedreht, muss sich der junge Held auch recht bald zusammen mit anderen Sklaven in der Arena beweisen. Dort werden er und ein Dutzend weiterer Sklaven von einem Rudel mutierter Wolfstigerpavianen angegriffen werden oder was immer das für Viecher sein sollen. Lucius kann eines der Monster töten (es handelt sich also zum Glück nicht um mutierte Zombiewolfstigerpaviane sondern um ganz normale) worauf sich das restliche Dutzend Viecher zurückzieht, wie das gut dressierte mutierte Wolfstigerpaviane nun mal so machen.
Meine Lieblingssequenz unter den vielen lächerlich dummen und komplett unmöglichen Sequenzen, ist der Kampf zwischen zwei Galeeren in der unter Wasser stehenden Arena. Die Leistungsfähigkeit römischer Aquädukte muss enorm gewesen sein, wenn man damit 200 n. Chr. Millionen Liter Meerwasser bergauf pumpen und das Kolosseum fluten konnte, damit dort gleich mehrere weiße Haie zwischen den Galeeren rumschwimmen konnten.
Wie den alten Römern, so ist eben auch Ridley Scott kein Aufwand zu groß. Galeeren im Kolosseum, Kampfnashörner, computergenerierte Paläste, … Der Film soll 250 – 300 Millionen Dollar gekostet haben. Und so lächerlich auch alles wirkt, was wir zu sehen bekommen; schlecht sieht das alles nicht aus. Aber leider auch nicht überragend gut. Oder wenigstens nicht gut genug. Handwerkliche Patzer, wie unübersichtliche und teilweise fehlerhaft montierte Kampfszenen und der übertriebene Einsatz von eingeblendeten Ortsangaben, trüben das Gesamtbild noch weiter.
Der Vorspann, der wohl wie gemalt wirken soll, wird im Jahr 2024 auch niemanden mehr beeindrucken und auf ein besonderes Filmerlebnis einstimmen. Wäre „Gladiator II“ vor Zwanzig Jahren in die Kinos gekommen, wäre er der größte Kracher der Saison gewesen. Aber wir haben in den letzten Jahren leider allzu oft sehr viel bessere und beeindruckendere Spektakel geboten bekommen. Dieser Film hinkt der Zeit hinterher. Das merkt man auch an der offenen Homophobie dieses Films. Warum jede der als homosexuell erkennbaren Figuren im Film nur negativ dargestellt wird, ist unklar. Ja, selbst die moderne Geschichtsschreibung betrachtet Kaiser Caracalla als rücksichtslosen Tyrannen. Aber kann jemand bitte die Macher von „Gladiator II“ fragen, warum er in ihrem Film ganz unhistorisch als zügellose, wahnsinnige Schwuchtel dargestellt wird?
… where death is, we are not.
Zwischen all der Homophobie, Schlachtschiffen mit ausfahrbaren Türmen, menschenfressenden Haien im Kolosseum, politischen Intrigen, – nicht zu vergessen - mutierten Wolfstigerpavianen und vielen weiteren Attraktionen will eine teilweise recht hochwertige Besetzung wahrgenommen werden. Connie Nielsen ist als Lucilla wieder mit dabei. Majestätisch wie in „Wonder Woman“, cool wie in „Nobody“ und schön wie eh und je spielt sie tapfer gegen die vielen, vielen Ungereimtheiten ihrer Rolle an. Joseph Quinn („A Quiet Place: Tag Eins“) und Fred Hechinger („Thelma – Rache war nie süßer“) haben die undankbare Aufgabe das durchgeknallte, kaiserliche Brüderpaar und damit zwei der schlimmsten (und in Hechingers Fall schwulenfeindlichsten) Klischees der jüngeren Filmgeschichte zu spielen. So etwas kann man als Schauspieler nicht „darstellen“, da kann man nur „abliefern“. Und das tun die beiden Herren.
Pedro Pascals („Massive Talent“) Talent wird in der eher unergiebigen und auch recht kleinen Rolle des Generals verschwendet, der a) die Frau des Helden ermorden, b) mit Lucilla verheiratet sein, c) an einer Verschwörung beteiligt sein und d) ein Opfer bringen muss, damit die konfuse Handlung an den entscheidenden Stellen nicht ins Stocken gerät.
Dass Denzel Washington seinem Affen Zucker geben kann, haben wir nach seinen drei eher apathischen Auftritten als „The Equalizer“ fast vergessen. Hier dreht er in einer reinen Chargenrolle teilweise auf wie einst bei „Training Day“.
Paul Mescal hat uns Anfang des Jahres mit seiner sensiblen Darstellung in „All of Us Strangers“ bezaubert. Sensibel wirkt er als Gladiator in zweiter Generation kein bisschen und bezaubernd auch nicht. Aber er schlägt sich mit vollem Körpereinsatz durchaus wacker. Doch wie wir vergleichbare Spektakel in den letzten Jahren oft in besserer Qualität gesehen haben, haben wir in jüngeren Blockbustern einige viel heldenhafter wirkende Helden gesehen.
Fazit
Uns nach 24 Jahren mehr oder weniger das Gleiche nochmal zu bieten und es nur mit computergeneriertem Bildern anzureichern, reicht einfach nicht mehr. Dazu hat sich seit Teil Eins zu viel getan und auch verändert. Diese Fortsetzung kommt zu spät oder hätte in vieler Hinsicht anders gedreht werden müssen.
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