Mel Gibson als wehrhafter, desillusionierter Weihnachtsmann, auf ...
... den ein enttäuschtes Kind einen Killer angesetzt hat, das klingt zunächst mal wie eine witzige Idee. Für einen gelungen Film braucht es aber etwas mehr als bloß eine witzige Idee …
You better watch out! You better not cry! Chris Cringle, der Weihnachtsmann, ist verzweifelt und mies drauf. Sein Geschäft ist nicht mehr, was es mal war. Immer weniger Kinder glauben an ihn. Jedes Jahr muss er mehr Kohle statt Geschenke verteilen. Sein Schlitten wird regelmäßig beschossen. Und weil das Geschäft so schlecht geht, muss er seine Elfen sogar für das US-Militär arbeiten lassen. Als ein ebenso verwöhnter wie enttäuschter Bengel einen Killer auf ihn ansetzt, muss der Weihnachtsmann dann die Rute auspacken …
Den jüngeren Lesern muss man das wohl erklären: Mel Gibson, war einmal einer der größten Stars in Hollywood. Mit der in Australien produzierten „Mad Max“-Trilogie wurde er in den frühen 80er-Jahren bekannt. 1987 kam „Lethal Weapon“ in die Kinos und veränderte das Action-Genre nachhaltig, drei Fortsetzungen folgten. 1995 wurde „Braveheart“, Gibsons zweiter Film als Regisseur, mit 5 Oscars ausgezeichnet. Seit 2004 ist die von ihm inszenierte „Passion Christi“ der erfolgreichste religiöse Film aller Zeiten.
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Bald danach wurde bekannt, wie Gibson bei einer Polizeikontrolle sowohl die Beamten beleidigt als auch antisemitische Latrinenparolen herumgebrüllt hat. Der Mutter eines seiner 9 Kinder drohte er nach der Trennung u.a. eine Gruppenvergewaltigung durch Afroamerikaner an, bloß benutze er dabei das N-Wort. Die Rassismus- und Antisemitismusvorwürfe konnte er auch in den folgenden Jahren nie richtig entkräften, wenn er zum Beispiel Reportern mit jüdischen Nachnamen vorwarf, parteiisch zu sein. Und so hat Gibson zwischen 2004 und 2010 keinen einzigen Film als Darsteller gedreht. Von seinen seit 2010 entstandenen Filmen waren „Blood Father“ und „Get the Gringo“ noch die brauchbarsten.
War es also eine witzige Idee, Gibson als aggressiven, trinkenden Weihnachtsmann zu besetzen? Das Regie- und Autorenbrüderpaar Eshom und Ian Nelms muss wohl so gedacht haben. Ich könnte mir vorstellen, sie waren von ihrer Idee hellauf begeistert. Und sie haben in ihrer Begeisterung die Entscheidungsträger mehrerer kleinerer Filmstudios dazu gebracht, ihnen zusammen ein halbwegs ausreichendes Budget zur Verfügung zu stellen. Ich schreibe „halbwegs ausreichend“ weil ich schon lange keinen Film mehr auf der Leinwand gesehen habe, dem die Beschränkungen des geringen Budgets so deutlich anzusehen waren. So etwas erscheint sonst bloß direkt auf DVD oder unter „das könnte ihnen auch gefallen“ auf einem der billigeren Streaming-Dienste.
Die Brüder Nelms waren von ihrer witzigen Idee sogar so begeistert, sie haben ganz vergessen ihr Drehbuch nochmal zu überarbeiten. Die Nebenhandlung mit dem Auftrag der US-Army trägt nichts zum Film bei und ergibt inhaltlich keinen Sinn. Die Fertigung von Teilen der F-35 wäre vielleicht ein Projekt der Air Force, der Marines oder der Navy aber niemals eines der Army. Ein Offizier, der mit über 50 noch Captain (also bloß Hauptmann) ist, würde kaum ein solches Projekt betreuen.
Dem Film sieht man also nicht nur die Beschränkungen des Budgets an, sondern auch die mangelnde Erfahrung der Autoren und Regisseure. Den Nelms- Brüdern fehlen einfach der gewisse filmische Blick und der Sinn für Details. Ein Killer, der seit seiner Kindheit besessen auf der Suche nach dem Weihnachtsmann ist, ruft im Jahre 2020 nicht plötzlich die Auskunft an. Ein Zwölfjähriger der nicht nur über Diener und Chauffeur verfügt, sondern auch die Nummer eines Auftragskillers in seinem Kurzwahlspeicher hat, sollte in einem eindrucksvolleren Haus wohnen. Und in einem Action-Film sollten Soldaten sich auch wie Soldaten bewegen und aussehen. Hier sehen wir nur Statisten in alten Uniformen rumstehen.
Selbst ihre wenigen wirklich guten Ideen, können die Brüder Nelms nur unzureichend umsetzen. Eine witzige Sequenz mit einem Killer auf Reisen ist viel zu kurz. Wenn die Frau des Weihnachtsmannes ihren Gatten mit den Akten erwachsener, guter Kinder aufmuntern will, ist die Szene viel zu schnell vorbei. Ein Kommentar zu Profitgier und Kinderarbeit geht komplett unter. Und wie kann man Mel Gibson in einer Actionfilmparodie, die zur Weihnachtszeit spielt, bitte in einem Ford-Pickup rumfahren lassen? Hätten die Nelms-Brüder ihre Vorbilder studiert, wüssten sie, Gibsons Pickup müsste ein GMC sein. Und aus dem Autoradio hätte gefälligst „Jingle Bell Rock“ erklingen müssen.
You better not pout, I’m telling you why
In diesem kruden Durcheinander aus halbwitzigen und gar nicht witzigen Ideen, gehen die Leistungen der Darsteller fast unter. Mel Gibson hat unter der Regie von Franco Zeffireli vor dreißig Jahren einen überzeugenden „Hamlet“ gegeben. Hier darf er eine Ansprache an seine Belegschaft halten, die daran erinnert, dass er nicht nur ein Action-Star war, sondern auch ein großartiger Darsteller sein kann. Während der restlichen 90 Minuten des Films ist seine Figur meistens schlecht gelaunt und aggressiv. Das kann Gibson nicht viel Mühe gekostet haben.
Walton Goggins wurde mit „The Hateful 8“ bekannt. Hier liefert er als Auftragskiller eine Variation seines üblichen Rollenfachs ab, die jeder Originalität entbehrt. Sein Killer wirkt in lustigen Szenen nicht besonders witzig und in spannenden Szenen nicht bedrohlich und wirkt damit praktisch gar nicht.
Man sieht im Kino immer mal wieder Darstellungen, die zu gut für den jeweiligen Film sind. Marianne Jean-Baptiste („Lügen und Geheimnisse“, „Without a Trace“) ist viel zu gut für diesen Film und jeden der daran Beteiligten. Diese stets verlässliche Schauspielerin bildet hier Herz und Seele eines Films, der ansonsten komplett herz- und seelenlos bleibt.
Fazit
Eine halbwegs witzige Action-Parodie, die einfach zu wenig gute Ideen für einen ganzen Spielfilm enthält. Wer die „Lethal Weapon“-DVD-Box aus dem Regal nimmt, wird sehr viel besser unterhalten und muss sich nicht wundern, wie der Star in so einem Projekt landen konnte.
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